Liebe Bürgerinnen und Bürger, sehr geehrte Damen und Herren,
im Namen der Gemeinde Efringen-Kirchen begrüße ich Sie zur Gedenkfeier und danke Ihnen für Ihr Kommen. Am heutigen Volkstrauertag gedenken wir gemeinsam mit den Vertretern des VdK und der Freiwilligen Feuerwehr Abteilung Efringen-Kirchen, den Opfern von Gewalt und Krieg aller Nationen. Wir danken den Gesangvereinen Rhenus und Sängerbund sowie dem Musikverein Efringen-Kirchen für die musikalische Begleitung. Ebenso danken wir einer Gesandtschaft der Deutsch-Französischen Brigade für die Teilnahme und dass Sie nachher mit uns den Kranz am Ehrenmal ablegen werden.
Seit über 100 Jahren begehen die Menschen in Deutschland den Volkstrauertag, um ein Zeichen der Solidarität derjenigen, die keinen Verlust zu beklagen hatten, mit den Hinterbliebenen der Gefallenen zu setzen. Das erscheint 80 Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkriegs eher schwer. Auch wenn wir über die verschiedenen Medien vom russischen Angriffskrieg in der Ukraine, den Auseinandersetzungen in Israel und im Nahen Osten oder von Terroranschlägen und Attentaten erfahren, scheint das manchmal weit weg und betrifft nur wenige im persönlichen Umfeld. Gerade junge Menschen der Generationen Y, Z und Alpha, wie ich, können da wenig auf Erfahrungen zurückgreifen.
Daher möchte ich Ihnen heute von meinem Großonkel Jakob erzählen. Er ist mir eigentlich erst seit ich lesen kann präsent. Sein Name stand nämlich auf dem Grabstein meiner Urgroßmutter Karoline mit den Jahreszahlen 1922-1944. Als Kind fand ich das amüsant, dass er bei Geburtsjahr, Sterbejahr und Alter jeweils eine Schnapszahl hat. Da ich 1988, also ebenfalls in einem Jahr mit einer Schnapszahl geboren wurde, war das eine Art Verbindung zwischen uns. Jakob wollte nach dem Abitur studieren, wurde aber dann zur Wehrmacht eingezogen und fiel 1944 mit 22 Jahren in Russland. Er ist nicht mehr in seinen Heimatort zurückgekehrt und von ihm verblieb nur die Inschrift auf dem Grabstein meiner Urgroßeltern. Seit ich 22 geworden bin, ist mein Onkel Jakob mein regelmäßiges Gedenken. Denn beim Gedenken an Opfer von Kriegen und Gewalt geht es nicht um Gedenksteine oder Ehrenmäler, sondern darum, sich zu erinnern, sich zu vergegenwärtigen. – Genau das mache ich mit meinem Großonkel Jakob. Mein Studium, meine beruflichen und privaten Stationen sind Lebensphasen, die er nicht erlebt hat. Den 23., 24., den 30. oder wie vor kurzem bei mir den 37. Geburtstag hat er nicht erfahren. Im Alltag oder auch z.B. bei der Rückkehr in meinen Heimatort mach ich mir immer wieder bewusst, dass Jakob so etwas nicht vergönnt war. So begleitet mich sein Schicksal auch an all den anderen Tagen des Jahres.
Wie viele Millionen Menschen hat Jakob sein Leben durch Gewalt und Krieg verloren. Um uns daran zu erinnern, begehen wir heute den Volkstrauertag. Ebenso ermahnt uns dieser Tag dazu, Extremismus und Gewaltherrschaft nicht entstehen zu lassen und sich für Versöhnung, Verständigung und Frieden stark zu machen. In unserer Gemeinde, in unserem täglichen Handeln, in unserem Umgang miteinander, mit wertschätzenden Worten, respektvollem Verhalten oder Toleranz können wir einen Beitrag für mehr Frieden bei uns selbst und in der Welt sein und das Gedenken alltäglich leben.
In diesem Sinne spreche ich in unser aller Namen das Totengedenken:
Wir denken heute
an die Opfer von Gewalt und Krieg,
an Kinder, Frauen und Männer aller Völker.
Wir gedenken
der Soldaten, die in den Weltkriegen starben,
der Menschen, die durch Kriegshandlungen oder danach
in Gefangenschaft, als Vertriebene und Flüchtlinge ihr Leben verloren.
Wir gedenken derer,
die verfolgt und getötet wurden,
weil sie einem anderen Volk angehörten,
einer anderen Rasse zugerechnet wurden,
Teil einer Minderheit waren oder deren Leben
wegen einer Krankheit oder Behinderung
als lebensunwert bezeichnet wurde.
Wir gedenken derer,
die ums Leben kamen, weil sie Widerstand
gegen Gewaltherrschaft geleistet haben,
und derer, die den Tod fanden,
weil sie an ihrer Überzeugung oder an ihrem Glauben festhielten.
Wir trauern
um die Opfer der Kriege und Bürgerkriege unserer Tage,
um die Opfer von Terrorismus und politischer Verfolgung,
um die Bundeswehrsoldaten und andere Einsatzkräfte,
die im Auslandseinsatz ihr Leben verloren.
Wir gedenken heute auch derer,
die bei uns durch Hass und Gewalt Opfer geworden sind.
Wir gedenken der Opfer von Terrorismus und Extremismus,
Antisemitismus und Rassismus in unserem Land.
Wir trauern mit allen,
die Leid tragen um die Toten
und teilen ihren Schmerz.
Aber unser Leben steht im Zeichen der Hoffnung
auf Versöhnung unter den Menschen und Völkern,
und unsere Verantwortung gilt
dem Frieden unter den Menschen zu Hause
und in der ganzen Welt.
Meine Damen und Herren,
der Volkstrauertag mahnt uns, allen Opfern von Krieg, Gewalt und Terror ein ehrendes Andenken zu bewahren. Deshalb werden wir nun am Ehrenmal einen Kranz niederlegen, was der Musikverein mit einem Musikstück begleiten wird.
Ich danke Ihnen für die Teilnahme an dieser Gedenkveranstaltung und wünsche Ihnen einen schönen Sonntag.
Vielen Dank!